Gedenken an ukrainische Kriegsgefangene vom Ersten Weltkrieg.
Am 1. November 2020 versammelten sich die Ukrainer aus Karlsruhe und Umgebung am Rastatter Friedhof, um der ukrainischen Kriegsgefangenen vom Ersten Weltkrieg zu gedenken. Wir trafen uns am Ukrainischen Denkmal, das den ukrainischen Soldaten gewidmet ist, die in der russischen Armee während des Ersten Weltkriegs gedient haben.
Das Denkmal wurde vom ukrainischen Bildhauer Myhaylo Parashchuk geschaffen. Alle Anwesenden, die dieses Denkmal zum ersten Mal gesehen haben, waren sehr beeindruckt davon. In Anlehnung an Herrn Wasyl Blaschtschak, der viele Informationen über dieses Denkmal in seinen Schriften gesammelt hat und sie an diesem Tag mit uns gerne geteilt hat, lässt sich dieses Denkmal wie folgt beschreiben:
Drei Figuren am Denkmal symbolisieren die ukrainische Idee: In der Mitte sieht man eine Frau mit einem Kind – das ist die Ukraine – die Mutter und die Beschützerin. An den Seiten stehen zwei Soldaten – der Vater und der Sohn – das sind ihre Verteidiger. Alle drei Figuren weisen ukrainische Gesichtszüge auf und tragen ukrainische Kleidung. Die Frau trägt auch die für diese Zeit typische Frisur: Zopf, der sich wie ein Kranz um den Kopf wendet. Folgende Inschrift – in Ukrainisch und Deutsch – liest man am Denkmal: „СИНАМ УКРАЇНИ – ЇХ ЗЕМЛЯКИ“ (Übers. „den Söhnen der Ukraine – ihre Landsmänner“) oben und „DAS UKRAINISCHE EHRENMAL“ unten.
Herr Wasyl Blaschtschak erzählte uns auch über die Entstehungsgeschichte des Denkmals und über die interessanten Fakten aus dem Leben der Gefangenen im Lager der Stadt Rastatt. Es war interessant zu erfahren, dass unsere Landsmänner mit Hilfe der Union für die Befreiung der Ukraine (einer damaligen politischen Organisation) in den für sie alleine vorgesehenen Lagern leben konnten. In diesen Lagern wurde damals die intensive nationale Kulturarbeit durchgeführt: Die Gefangenen beschäftigten sich mit der Töpfereikunst, verkauften ihre Kunstwerke und bekamen somit würdige Entlohnung. In dem Lager von Rastatt gründete Myhaylo Parashchuk, der Bildhauer und Professor, auch eine Töpfereiwerkstatt, wo er das Ukrainische Denkmal geschaffen hat. Dieses wurde ursprünglich am Lagereingang platziert.
Nach der Auflösung des Lagers wurde das Denkmal von der Stadt auf den Rastatter Friedhof umplatziert, nicht weit von dem deutschen Soldatenfriedhof. Die Einweihung des Denkmals am neuen Platz fand im Oktober 1918 statt, mit der Unterstützung des damaligen Reichskanzlers, Prinzen Max von Baden. Die Stadtregierung kümmert sich auch heute noch um das Denkmal: Bei unserem Besuch lag ein Kranz mit dem rot-gelben Band und einer Inschrift darauf.
Im Anschluss darauf besuchten wir den kleinen Friedhof im Stadtteil Niederbühl, wo die verstorbenen ukrainischen Kriegsgefangenen begraben sind. Dort befindet sich auch ein kleineres Denkmal mit der Inschrift „Hier ruhen die i. Lazarett d. Russenlagers gestorbenen ukrainischen Kriegsgefangenen 1915 – 1917“.
Herzlichen Dank an Herrn Wasyl Blaschtschak für seine Initiative, die ukrainischen Kriegsgefangenen an diesem Ort zu gedenken, für seinen interessanten Bericht über die Entstehungsgeschichte des Denkmals und über das Leben im Lager. Dieses Denkmal wird uns, die Ukrainern der heutigen Zeit, an die Bedeutung der ukrainischen Kultur in der Welt erinnern und wird uns darin bestärken, unserer Abstammung würdig zu sein.
Text: Olena Artemenko, unter Zuhilfenahme von Schriften über das Denkmal von Herr Wasyl Blaschtschak.
Fotos: Olena Artemenko, Nataliia Serdjuk, Ulyana Senyuk, Andrii Khrabustovskyi